Frau Prof. Dr. Inckemann, Professorin am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik an der LMU München, hielt am Mittwoch, den 23. Oktober einen interessanten Vortrag zum Thema:  

„Sprechen und Zuhören, Lesen und Schreiben – Studienergebnisse und Konsequenzen für den Unterricht.“

 Am Staatsinstitut waren knapp neunzig Förderlehrkräfte und Kooperationslehrkräfte der Praktikumsschulen zu Gast, die sich auf den neuesten Stand der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse bringen wollten.

Der Vortrag gliederte sich in 4 Bereiche:

1) Ergebnisse aus den internationalen und nationalen Vergleichsstudien IGLU 2016 und IQB 2016

2) Qualität des Deutschunterrichts – Ergebnisse der nationalen Ergänzungsstudie IGLU 2016

3) Kognitive Aktivierung im Leseunterricht

4) Förderung von neu zugewanderten Kindern und Kindern mit Fluchthintergrund im Sprach- und Schriftspracherwerb

 In den Veröffentlichen zu den Ergebnissen der aktuellen Studienergebnisse werden nach Ansicht von Frau Prof. Inckemann die Nebenerhebungen der Studien zu wenig beachtet. Die detaillierte Auswertung ergab unter anderem, einen Unterschied in der Leseleistung von bis zu 1, 5 Lernjahre zwischen Schülerinnen und Schülern aus ungünstigen und günstigen sozialen Lagen (z.B. nach Anzahl der Bücher, Berufsstatus Eltern).

Die IQB Studie 2016 zeigte, dass 12% der Schüler nicht die Mindeststandards im Lesen erreichen. Hier ist die zusätzliche Unterstützung durch Förderlehrer von elementarer Bedeutung, um den Schulerfolg der Kinder zu sichern. 

Betrachtet man die Nutzung der Unterrichtszeit im Fach Deutsch, so zeigt sich, dass in Deutschland kaum weniger Sprachunterricht als in anderen Ländern stattfindet, aber deutlich weniger Leseunterricht (pro Schuljahr in Deutschland 90 Stunden, internationaler Mittelwert 160 Stunden).

Die nationale Ergänzungsstudie zu IGLU 2016 ergab zudem, dass Laut-Lese-Verfahren (paired reading) und Lesestrategien noch zu wenig Gegenstand alltäglicher Unterrichtspraxis sind.

Wünschenswert wären nach einer Studie von Miriam Lotz (2016) zur Umsetzung von kognitiver Aktivierung im Leseunterricht auch mehr herausfordernde Aufgaben und Fragen im Leseunterricht sowie ausreichend Zeit zum Nachdenken.

Abschließend stellte Frau Prof. Inckemann ihr eigenes Forschungsprojekt „Sprache. Schriftsprache. Bildungssprache“(SSB) vor. Im Rahmen des Projektes unterstützen Lehramtsstudierende als Lernpaten Klassen mit Flüchtlingskindern. Die zusätzliche Förderung der Flüchtlingskinder zeigt in den wissenschaftlichen Begleiterhebungen gute Erfolge und die Studierenden sammeln wichtige Erfahrungen in Bezug auf die sprachliche Heterogenität ihrer Schüler.

 

An jeden Themenbereich schloss sich eine Diskussion an, in der die Praktikumslehrerinnen und -lehrer ihre Unterrichtserfahrungen schilderten und sich darüber austauschten, welche Konsequenzen sich aus den Forschungsergebnissen für die Schulpraxis ziehen lassen.

 Es bleibt demnach noch viel zu tun an bayrischen Grund- und Mittelschulen – auch wenn im Vergleich der Länder in Bayern das wünschenswerte Befundmuster eines hohen Kompetenzniveaus, bei gleichzeitig niedriger Heterogenität im Fach Deutsch durchweg am besten erreicht wird“ (IQB 2016, S. 166).

 

Ein herzliches Dankeschön an Frau Prof. Inckemann für die verständliche und praxisbezogene Darstellung aktueller Forschungsergebnisse!